Kupferausbeutung auf Kosten von Mensch und Natur – Lieferkettengesetze müssen erhalten werden, um gegen rücksichtslosen Bergbau vorzugehen
Im Zuge der Digitalisierung, Energiewende und einer wachstumsbasierten Wirtschaft steigt der Hunger Deutschlands und der EU nach Rohstoffen wie Kupfer immer weiter an – mit gravierenden Folgen für die Umwelt und die Gesundheit der Anwohner*innen von Minen. Betroffene Menschen und Organisationen aus Panama und Mexiko nutzen das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, um vom deutschen Metall-Konzern Aurubis dringend nötige Maßnahmen zur Behebung und Verhinderung von Menschenrechtsverletzungen einzufordern.
Panama: Gewalt und Umweltzerstörung durch Kupfermine
Ende 2023 demonstrierten in Panama tausende Menschen gegen das Bergbauprojekt Cobre Panamá, eine der größten Kupferminen weltweit, betrieben vom kanadischen Konzern First Quantum Minerals. Das Parlament hatte einem Abbauvertrag zugestimmt, den die Bevölkerung als ausbeuterisch und neokolonial einstufte. Das Unternehmen hatte bereits seit 2019 ohne gültigen Konzessionsvertrag – also illegal – mitten in einem Naturschutzgebiet große Mengen Kupfererz abgebaut.
Dennoch ging die Polizei äußerst repressiv gegen die demonstrierenden Bauern und Bäuerinnen, Indigenen und Studierenden vor. Fünf Menschen starben durch gewaltvolle Auseinandersetzungen, hunderte wurden verletzt oder willkürlich verhaftet.[1] Zwar wurde das Bergbauprojekt am Ende geschlossen, aber der riesige Abbaukrater, aus dem weiterhin giftige Schwermetalle gewaschen werden, bleibt. Die Umweltorganisation CIAM befürchtet, dass ein mit giftigen Bergbaurückständen befülltes Rückhaltebecken der Mine brechen und eine Umweltkatastrophe verursachen könnte.[2] Aktuell (Stand Mai 2025) unternimmt die Regierung Schritte, um das Mega-Bergbauprojekt wiederzueröffnen.[3] Dadurch könnten indigene und kleinbäuerliche Gemeinden, die die Rohstoffausbeutung ablehnen, erneut Opfer gewaltsamer Auseinandersetzungen und Repression werden.
Der Hamburger Metall-Konzern Aurubis importierte bis 2023 große Mengen Kupfererz aus der Mine Cobre Panamá.[4] Damit geht eine menschenrechtliche Verantwortung einer, der Aurubis seit 2023 im Rahmen des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes nachkommen muss. Im Februar 2025 reichte die panamaische Organisation CIAM zusammen mit der Romero Initiative (CIR) einen Hinweis beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle im Rahmen des Lieferkettengesetzes ein.[5] Die beiden Organisationen argumentieren darin: Aurubis ignorierte das Konfliktpotential der illegalen Mine, von der der Konzern nie Kupfererz hätte beziehen dürfen. Die Organisationen empfehlen dem BAFA, Aurubis zu konkreten Abhilfe- und Präventionsmaßnahmen aufzufordern, um die Menschen vor der Umweltverschmutzung zu schützen. Insbesondere wenn Aurubis nach einer erneuten Inbetriebnahme der Mine wieder Lieferbeziehungen zu Cobre Panamá aufnimmt, muss der Hamburger Konzern mit wirksamen Maßnahmen weitere Menschenrechtsverletzungen verhindern.
Mexiko: Betroffene reichen Lieferkettengesetz-Beschwerde gegen Aurubis ein
Im mexikanischen Bundesstaat Sonora ereignete sich 2014 in der Mine Buena Vista del Cobre des Bergbaukonzerns Grupo México eine gravierende Umweltkatastrophe. Dort gelangten 40.000 Kubikmeter Kupfersulfat in den Fluss Sonora und kontaminierten Menschen und Umwelt. Im vergangenen August jährte sich die schlimmste Bergbaukatastrophe in der Geschichte Mexikos zum zehnten Mal. Doch sie gehört für die über 22.000 betroffenen Menschen nicht der Vergangenheit an.[6]
Das Fluss- und Grundwasser ist nach wie vor mit Schwermetallen belastet. Einer staatlichen Studie zufolge haben die Anwohner*innen u. a. hohe Blei- und Arsen-Konzentrationen im Blut.[7] Viele sind krank geworden oder bereits an Krankheiten wie Krebs gestorben.[8] Der verantwortliche Konzern Grupo México schuldet den Betroffenen bis heute 36 zugesagte Wasserreinigungsanlagen für sauberes Trinkwasser und ein Krankenhaus. „Heute erinnern wir uns an zehn Jahre der Straflosigkeit und des Missbrauchs verarmter Territorien. Zehn Jahre der Missachtung jener, die Gerechtigkeit fordern“, klagt Martha Velarde bei einer Gedenkveranstaltung im August 2024 an.[9]
Die mittlerweile verstorbene Aktivistin hatte selbst Schwermetalle im Blut und litt an Leberproblemen. Sie forderte seit Jahren Wiedergutmachung, während der Bergbaukonzern ein neues gigantisches Schlammbecken mit immer mehr toxischen Rückständen befüllt. Ein Bruch des neuen Damms hätte noch gravierendere Folgen und würde zahlreiche Menschenleben gefährden.[10]
Der Handelsdatenbank Panjiva zufolge importierte Aurubis von Januar 2023 bis September 2024 65.333 Tonnen Kupferkonzentrat im Wert von 110.104.315 US-Dollar. Daten von Panjiva zufolge setzen sich die Kupfererz-Importe von Grupo México nach Hamburg auch 2025 fort. Martha Velarde reichte im Februar 2025 mit Unterstützung der Romero Initiative (CIR) und der mexikanischen Organisation PODER eine Lieferkettengesetz-Beschwerde gegen Aurubis ein.[11]
Die Situation im Umfeld der Mine ist Aurubis seit Jahren bekannt.[12] Da essenzielle Maßnahmen zur humanitären Versorgung der Bevölkerung nie ergriffen wurden, gehen die Betroffenen davon aus, dass Aurubis seine Sorgfaltspflichten verletzt hat. Wenige Tage, nachdem Martha Velarde die Beschwerde einreichte, verstarb sie an inneren Erkrankungen, die sie selbst auf die Gesundheitsschädigungen durch die Mine und fehlende toxikologische Behandlung zurückführte. Der Verlust der Aktivistin ist ein schwerer Schlag für die betroffenen Menschen, die seit Jahren für Gerechtigkeit kämpfen.
Im April 2025 reichte die CIR die Beschwerde erneut für zwei Frauen ein, die ebenfalls an massiven Gesundheitsschädigungen und der Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen leiden. Zuvor hatte die CIR die Benachrichtigung des BAFA erhalten, dass Martha Velardes Beschwerde die Anforderungen des Gesetzes erfülle und die Behörde nun eine anlassbezogene Überprüfung des Metallkonzerns einleite.[13]
Geschädigte Gemeinden fordern Erhaltung des Lieferkettengesetzes
Der Megabergbau führt oft zu massiven Umweltzerstörungen, die jahrzehntlang die Gesundheit der Bevölkerung schädigen kann. In Mexiko hat der Bergbaukonzern es auch nach zehn Jahren nicht geschafft, der Bevölkerung die essenziellste Trinkwasser- und Gesundheitsversorgung zur Verfügung zu stellen.
Das Lieferkettengesetz bietet hier einen wirksamen Hebel, denn Großkonzerne wie Aurubis haben durch ihre enormen Importe einen Einfluss auf Bergbaukonzerne. Sie müssen ihn nutzen, um die Folgen von Umweltschädigungen zu beheben. Außerdem müssen sie präventive Maßnahmen ergreifen, um gewaltsame Konflikte und Umweltkatastrophen zu verhindern. Dies erfordert, die Situation engmaschig zu überwachen und die Betroffenen einzubeziehen. Nur so besteht eine Chance, dass der Rohstoffhunger nicht zu menschenverachtender Rohstoffplünderung führt.
Dennoch will die aktuelle Bundesregierung laut Koalitionsvertrag die Berichtspflichten und die Möglichkeit von Sanktionen im Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz abschaffen, bis die EU-Lieferkettenrichtlinie in deutsches Recht umgesetzt ist. Bundeskanzler Friedrich Merz forderte Mitte Mai bei einem Besuch in Brüssel sogar die Abschaffung der EU-Richtlinie. Für die Betroffenen Menschen ist das nicht hinnehmbar.
[1] Vgl. Chandiramani, Rekka/Benjamín, Ana Teresa (2024): Nuevo informe concluye que se violaron derechos humanos y de protesta durante las protestas contra la minería en Panamá, resumen ejecutivo: https://miningwatch.ca/sites/default/files/resumenejecutivo_panama_esp.pdf
[2] Sie beziehen sich dabei auf eine Studie der Environmental Law Alliance Worldwide (ELAW), die erhebliche Sicherheitsmängel im Zusammenhang mit dem Damm identifiziert. Vgl. ELAW (2024): Preliminary Comments on Cobre Panamá: https://docs.uicnpanama.org/pages/view.php?ref=111&search=&offset=87&order_by=field12&sort=&archive=0#Header
[3] Vgl. Delacroix, Matias: El gobierno de Panamá da indicios de querer reabrir una controvertida mina de cobre, AP News, 22.03.2025: https://apnews.com/article/panama-mina-de-cobre-canada-medio-ambiente-d5ee7ec94d5602e833b54629456a4ad7
[4] Laut Statistischem Bundesamt importierte Deutschland 2023 Kupfererzkonzentrat im Wert von über 150 Millionen Euro aus Panama. Aurubis veröffentlicht nur die Bezugsländer, nicht die konkreten Lieferanten. Da es in Panama aber nur eine Kupfermine gibt, räumte Aurubis der CIR gegenüber die Importe von Cobre Panamá ein.
[5] Der Hinweis beim BAFA ist hier abrufbar: https://www.ci-romero.de/konsequenzen-fuer-aurubis/
[6] Die Folgen für die Umwelt und die Gesundheit der Menschen wurden in den letzten zehn Jahren immer wieder durch wissenschaftliche Studie staatlicher Behörden bestätigt. 2023 erschien ein umfangreiches Umweltgutachten des Umweltsekretariats der Regierung, das die Verschmutzung des Fluss- und Grundwassers durch Schwermetalle nachwies. Vgl. SEMARNAT (2023): Dictamen Diagnóstico Ambiental Río Sonora: https://www.gob.mx/cms/uploads/attachment/file/859786/Ri_o_Sonora_28_07_23_.pdf
[7] Vgl. CENAPRECE (2022): Abordaje toxicológico de salud, S. 12: Presentacion – Abordaje Toxicologico – Abril 2022.pdf – Nextcloud
[8] Vgl. Shailer, Daniel: They’re waiting till we die of cancer: 10 years on Mexicos worst mining disaster still poisons lives, The Guadian, 24.07.2024: https://www.theguardian.com/global-development/article/2024/jul/24/theyre-waiting-till-we-die-of-cancer-10-years-on-mexicos-worst-mining-disaster-still-poisons-lives
[9] Comités Cuenca Río Sonora (2024): Pronunciamiento. https://poderlatam.org/wp-content/uploads/2024/08/RS10_PronunciamientoCCRS.pdf
[10] 2023 gab ein Gericht in Sonora den Gemeinden recht und urteilte, dass das Unternehmen und die staatlichen Behörden keine ausreichenden Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor einer weiteren Katastrophe durch einen Dammbruch unternommen haben. Vgl. PODER: Tribunal Colegiado da la razón a comunidades de Río Sonora en el caso de la megapresa de jales, 22.05.2023: https://poderlatam.org/2023/05/tribunal-colegiado-da-la-razon-a-comunidades-de-rio-sonora-enel-caso-de-la-megapresa-de-jales/
[11] Die BAFA-Beschwerde ist hier abrufbar: https://www.ci-romero.de/konsequenzen-fuer-aurubis/
[12] Schon 2019 veröffentlichte die Romero Initiative die Studie „Der deutsche Rohstoffhunger“, in der der Fall ausführlich dokumentiert ist: https://www.ci-romero.de/produkt/studie-der-deutsche-rohstoffhunger-2/
[13] Vgl. Kolvenbach, Marcel: BAFA leitet Prüfung gegen Kupferkonzern Aurubis ein, tagesschau.de, 03.04.2025: https://www.tagesschau.de/investigativ/swr/aurubis-lieferkette-beschwerde-bafa-umweltverschmutzung-schwermetalle-mexiko-100.html

