Aluminium: Deutschlands Profit ist Guineas Schaden
Bauxit ist als Basis für Aluminium ein begehrter Rohstoff. Das Leichtmetall ist aus unserem Alltag nicht wegzudenken. Ob Dosen, Leitern, Joghurtdeckel, Felgen oder Fensterrahmen – es steckt in vielen Produkten. Derzeit steigt die Nachfrage vor allem für erneuerbare Energiegewinnung und elektrische Mobilität. 2023 hat Deutschland eine Million Tonnen Bauxit importiert, 72% davon kamen aus Guinea, das weltweit über die größten Bauxitvorkommen verfügt1. In den Jahren zuvor lag der Anteil sogar deutlich höher.
Damit Deutschlands Industrie ausreichende Mengen zu Verfügung stehen, unterstützt die Bundesregierung den Import im Rahmen der Außenwirtschaftsförderung. 2016 hat sie einen Kredit der ING Diba Bank an das guineische Bergbauunternehmen Compagnie des Bauxites de Guinée (CBG)2 über 293 Mio. US-Dollar versichert, plus 253 Mio. US-Dollar Zinsen3. Bedingung für die sogenannte Ungebundene Finanzkredit Garantie (UFK) ist, dass 15 % des in der Mine abgebauten Bauxits nach Deutschland exportiert wird. Welche Folgen der Bauxitabbau für die guineische Bevölkerung hat, ist für Bank, Regierung und Unternehmen offenbar zweitrangig.
Rücksichtloser Bauxitabbau – entrechtete Bevölkerung
Im Konzessionsgebiet der CBG liegen 20 Dörfer. Das Unternehmen gräbt die Mine bis zu 500 Meter an die Dörfer heran. Humusschichten der Agrarflächen werden unsachgemäß abgetragen, sodass der Boden unfruchtbar wird. Durch das Heraussprengen des Bauxits aus dem Boden entstehen große Mengen Staub, die zu Atemwegsbeschwerden der Bevölkerung führen und die Fruchtbarkeit von Pflanzen beeinträchtigen. Die Sprengungen verursachen auch Bodenerschütterungen, durch die Häuser beschädigt werden.

Die Umwelt wird in höchstem Maße zerstört. Um an möglichst viel Bauxit heranzukommen, holzt das Unternehmen auch Primärwälder ab, zerstört unterirdische Wasseradern und verschmutzt Oberflächengewässer, die die Bevölkerung bisher für Haushalt und Körperpflege nutzte. Die Beeinträchtigungen durch den Bergbau sind so groß, dass Dörfer keinen anderen Ausweg sehen, als Zwangsumsiedlungen zuzustimmen.
Aber auch in diesen Fällen werden die Betroffenen für den Verlust ihrer Lebensgrundlage unzureichend entschädigt und bekommen vom der CBG nicht einmal Arbeitsstellen angeboten. Insbesondere Frauen sind dieser Situation ausgeliefert, weil sie durch Fürsorgearbeit an ihre Lebensorte gebunden sind.
Die Justiz in Guinea ist nicht unabhängig. Die Regierung war jahrzehntelang für Korruption bekannt. 2021 hat das Militär geputscht. Der guineische Staat, für den der Bergbausektor die größte Einnahmequelle ist, schützt Betroffene nicht. Gewinne aus dem Bergbau stellen 18% des Bruttoinlandprodukts (BIP) dar.4
Deutsche Unternehmen nehmen Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörungen in Kauf
Den größten Einzelkredit für CBG hat 2016 die ING Diba gezahlt. In Deutschland wird das Bauxit der CBG-Mine vor allem von den Automobil- und Energiekonzernen, sowie in der Bau- und Verpackungsindustrie verwendet.
Obwohl Bank und Unternehmen durch Wirkungsanalysen der Weltbanktochter IFC (2016) und die Beschwerde von 13 Dörfern bei der Beschwerdestelle der IFC5 wussten, in welchem Ausmaß die CBG-Mine Menschenrechte verletzt und Umwelt zerstört, beziehen sie Aluminium weiterhin von dort, ohne wirksam dagegen einzuschreiten. Die ING DiBa, die Rechtsverletzungen und Umweltzerstörungen mit ihrem Kredit ermöglicht hat, äußert sich nicht zum Fall und den Folgen ihrer Geschäftspolitik.
Wie wirken das deutsche und das europäische Lieferkettengesetz im Fall der CBG-Mine?
Um LkSG-Beschwerden gegen sie vorzubeugen haben einige deutsche Unternehmen begonnen, sich mit den Menschenrechts- und Umweltfolgen der CBG-Mine und anderen großen Bauxitminen in Guinea zu befassen. Vertreter*innen von Automobil- und Energiekonzernen haben sich die Lage vor Ort angeschaut und eine Delegation von NGO-Vertreter*innen und Betroffenen zu Gesprächen nach Berlin eingeladen. Der Branchendialog Energiewirtschaft erarbeitet eine Strategie zur Minimierung der Auswirkungen des Bauxitabbaus in Guinea.6 Die EU-Richtlinie zu Sorgfaltspflichten von Wirtschaftsunternehmen (CSDDD) sieht vereinfachte Verfahren für Zivilklagen von Betroffenen von Rechtsverletzungen in Wertschöpfungsketten vor.

Wie müssten LkSG und CSDDD verbessert werden, um Betroffene wirksam vor Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung zu schützen?
▪️ Die ING DiBa hat den Kredit vor Inkrafttreten der Lieferkettengesetze vergeben. Das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) gilt nicht rückwirkend. Allerdings leiden die Bewohner*innen im Minengebiet bis heute unter den Folgen des Kredits, die Menschenrechtsverletzungen halten an und betreffen analog zur Ausbreitung der Mine immer mehr Menschen. Obwohl der Gesetzestext – wie die UN-Prinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte – sich auf alle Wirtschaftssektoren bezieht, schließt das für die Umsetzung des Gesetzes zuständige Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) die Anwendung auf das Kerngeschäft des Finanzsektors grundsätzlich aus.7 Die EU hat das Kerngeschäft des Finanzsektors für die ersten zwei Jahre der Anwendung der CSDDD ausgenommen und will diese Entscheidung erst dann überprüfen.8 Die Regelungen des BAFA und der EU schwächen die Schutzwirkungen der Gesetze. Um diese zu stärken, müssten die Kerngeschäfte von Finanzakteuren umfassend unter den Anwendungsbereich der Gesetze fallen.
▪️ Zum Umweltschutz verlangt das deutsche LkSG nur Sorgfaltspflichten hinsichtlich hochgiftiger Schadstoffe. Das würde die Lebensbedingungen der Betroffenen der CBG-Mine nicht merklich verbessern. Das EU-Gesetz schließt in die Sorgfaltspflichten dagegen internationale Regelungen zum Umweltschutz ein, auch im Hinblick auf den Zusammenhang zwischen Umweltschäden und grundlegenden Menschenrechten, wie den Rechten auf Nahrung, Wasser und Gesundheit. Die Bestimmungen des LkSG müssten auf das Niveau der CSDDD angehoben werden, um nicht nur in Spezialfällen zu greifen.
▪️ Das LkSG müsste auch eine zivilrechtliche Klagemöglichkeit vorsehen. Dies würde den Druck auf die Unternehmen erhöhen, Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörungen in ihren Wertschöpfungsketten vorzubeugen, zu mildern und zu stoppen.
[1] https://www.bgr.bund.de/DE/Themen/Rohstoffe/Downloads/Downloads-MR/rohsit-2023.pdf?__blob=publicationFile&v=3 (21.07.2025)
[3] Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, 15. Februar 2021, BT-Drucksache: 19/25982
[4] https://www.gtai.de/de/trade/guinea-wirtschaft/wirtschaftsdaten-kompakt (21.7.2025)
[5] https://www.cao-ombudsman.org/case/guinea-cbg-01-sangaredi
[6] https://www.csr-in-deutschland.de/DE/Wirtschaft-Menschenrechte/Umsetzungshilfen/Branchendialoge/Energiewirtschaft/Minimierung-negativer-Auswirkungen-des-Bauxitaubbaus-in-Guinea/minimierung-auswirkungen-bauxitabbau-guinea.html (28.07.2025)
[7] https://www.bafa.de/DE/Lieferketten/Handreichungen/handreichungen_node.html (28.07.2025)
[8] EU CSDDD, Art. 36