Die Ausbeutung hinter den billigen Bananen
Arbeit im giftigen Pestizidnebel, Hungerlöhne, Bekämpfung von Gewerkschaften: Ausbeutung in verschiedenster Form ist Alltag in der Bananenproduktion. Erste Beschwerden gegen deutsche Supermarktketten zeigen: Das Lieferkettengesetz schützt schon jetzt die Rechte betroffener Arbeiter*innen, muss jedoch an entscheidenden Stellen nachgebessert werden, um mehr Wirkung zu entfalten.
Die Marktmacht der Supermärkte: Ein ungleiches Machtgefälle
Der größte Teil unserer Lebensmittel wird in Supermärkten verkauft. Rewe, Aldi, Edeka sowie die Schwarz-Gruppe (Lidl und Kaufland) teilen 87 % des deutschen Marktes unter sich auf – Tendenz weiter steigend.[1]
Dadurch haben diese Supermärkte eine enorme Marktmacht. Und das nicht nur in Deutschland, sondern in ihren globalen Lieferketten. Lieferanten und Erzeuger*innen müssen kontinuierlich große Warenmengen in vorgegebener Qualität und zu niedrigen Preisen liefern. Die Supermärkte drücken die Preise, unfaire Konditionen werden in die Verträge diktiert. Der Preisdruck wird in der Lieferkette weitergereicht. Kleinbäuer*innen und Arbeitskräfte am Anfang der Lieferkette haben dabei das Nachsehen – sie tragen die größte Last auf ihren Schultern und verdienen dabei Hungerlöhne.
Die Supermärkte dagegen verdienen am meisten an den verkauften Produkten – sie streichen häufig über 50% des Verkaufspreises ein, während Arbeiter*innen oft nur wenige Prozent bekommen.[2]
Zudem führt dieser Preisdruck zu drastischen Arbeitsrechtsverletzungen. Beispielsweise sind Arbeiter*innen auf Bananenplantagen regelmäßig giftigen Pestiziden ausgesetzt:
„Sie holen die Arbeiter*innen nicht aus der Plantage, wenn gesprüht wird. Sie sagen den Arbeiter*innen auch nicht Bescheid. […] „Man versteckt sich unter den Blättern, damit die Flüssigkeit einen nicht trifft“ schildert ein Arbeiter in Costa Rica.

Lohnbetrug gestoppt: Beschwerden nach dem Lieferkettengesetz wirken!
Das Lieferkettengesetz erlaubt es nun, gegen diese Missstände mit Beschwerden vorzugehen. Und diese zeigen bereits durchschlagende Erfolge:
„Früher bekamen wir Bananenarbeiterinnen weniger als die Hälfte des Mindestlohns. Dank der Beschwerde von Oxfam und der Gewerkschaft ASTAC hat sich das geändert: Alle Stunden werden bezahlt, und wir haben eine Gewerkschaftsgruppe auf der Farm gegründet!“, sagt Sandra Pérez, Generalsekretärin der Gewerkschaft ASTAC im Bananen-Unternehmen Otisgraf, Ecuador
Etwas vorsichtiger optimistisch ist Didier Leitón, Generalsekretär der Gewerkschaft SITRAP aus Costa Rica:
„Es hat in der Bananenindustrie einige Fortschritte gegeben. Beispielsweise werden die Wochenendzuschläge jetzt besser respektiert. Außerdem gibt es bessere Schutzausrüstung für die Arbeiter*innen. Das hat auch mit internationalen Beschwerden zu tun.“
Ein Teilfazit: Das Lieferkettengesetz trägt also schon jetzt dazu bei, die Position von Gewerkschaften in Produktionsländern wie Ecuador und Costa Rica zu stärken. Und das ist bitter nötig, kämpfen die Gewerkschaften doch unter widrigen Bedingungen – wie konstanter Behinderung ihrer Arbeit bis hin zu Morddrohungen – für die Rechte der Arbeiter*innen.[3]

Ein Zwischenerfolg: Gewährung von Akteneinsicht und als Anerkennung als Verfahrensbeteiligte
Die Supermarktketten Aldi und Lidl sind auf die Kernanforderung in den Beschwerden eingegangen: Eine konstruktive Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften und den Produzenten zur Behebung der Missstände. Rewe und EDEKA haben sich solch einer Zusammenarbeit jedoch verweigert, weshalb betroffene Arbeiter*innen und die Gewerkschaft ASTAC Beschwerde bei dem zuständigen Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) eingereicht haben. Die Verfahren sind langwierig, konnten jedoch einige Erfolge verzeichnen. Im Herbst 2024 konnte erreicht werden, dass das BAFA die Gewerkschaft ASTAC in Ecuador als Verfahrensbeteiligte anerkennt und Akteneinsicht gewährt.
Denn damit hat die Gewerkschaft eine echte Chance, eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen in Ecuador zu erstreiten. Das Lieferkettengesetz ist kein formaler Papiertiger, sondern gewährt Menschen die Möglichkeit, aktiv gegen Ausbeutung in globalen Lieferketten vorzugehen.
„Dieses Gesetz sorgt dafür, dass wir hier in Deutschland, wo die Bananen verzehrt werden, auf Arbeitsrechtsverstöße aufmerksam machen können und dass dem nachgegangen wird. Das ist ein immenser Fortschritt gegenüber einer Justiz in Ecuador, die nur partiell unabhängig ist und oft im Interesse der Unternehmen agiert. Das Lieferkettengesetz liefert uns mehr Selbstbestimmung.“
Jorge Acosta, Generalkoordinator und Gründer von ASTAC
Entscheidend für die Verbesserung der Menschenrechtssituation vor Ort wird am Ende sein, wie das BAFA das Verhalten der Supermarktketten beurteilt und ob es solche Maßnahmen und Anordnungen trifft, die geeignet sind, Abhilfe zu schaffen. Die Möglichkeit, erlittene Schäden wie zum Beispiel Arztkosten oder entgangene Löhne bei Gericht einzuklagen, sieht das Gesetz jedoch nicht vor. Genau dafür braucht es das “EU-Lieferkettengesetz“, das gerade in Brüssel abgeschwächt zu werden droht. Denn es sieht eine solche zivilrechtliche Haftung vor. Der Rechtsschutz für Betroffene wäre immens gestärkt.
[1] Datenanalyse von Lademann & Associates auf Basis von Nielsen TradeDimensions – siehe hier
[2] Tim Zahn und Annika Zeiske. Juni 2021. “Pandemie-Profiteure und Virus-Verlierer*innen”. Oxfam Deutschland. 2021_oxfam_pandemie-profiteure_und_virus-verliererinnen.pdf
[3] 6. Oktober 2023. “Morddrohung gegen Gewerkschafterinnen”. Aktuelles, Oxfam Deutschland. Morddrohungen gegen Gewerkschafterinnen | Oxfam Deutschland
Stand: 8. Juli 2025

