Umwelt und Menschenrechte in Lieferketten: Mehr als 100 Unternehmen fordern wirksames EU-Gesetz

Die EU-Kommission hat das geplante EU-Lieferkettengesetz zuletzt mehrfach verschoben. Dagegen protestieren jetzt auch mehr als 100 Unternehmen und Investoren: In einem neuen Statement fordern sie eine wirksame europäische Regelung zum Schutz von Umwelt und Menschenrechten in den Lieferketten. Doch eine neue Recherche zeigt auch: Große Unternehmensverbände wie BDI und VDMA lassen nichts unversucht, gegen das Vorhaben zu lobbyieren.

08. Februar 2022 – „Wir sind tief besorgt über die Verzögerung“ – so beginnt das Statement, das heute vom Business and Human Rights Resource Centre veröffentlicht wurde. Unterschrieben haben es mehr als 100 Investoren und Unternehmen, darunter Danone, Hapag-Lloyd, Ikea, Jack Wolfskin und VAUDE. Sie alle fordern die EU-Kommission dazu auf, endlich ein wirksames EU-Lieferkettengesetz vorzulegen.

Das Besondere daran: Sie haben klare Vorstellungen davon, was „wirksam“ in diesem Kontext bedeutet. So fordern sie, dass alle Unternehmen in Europa erfasst werden sollen: Die Verantwortung für Wirtschaft und Menschenrechte sei keine Frage der Unternehmensgröße. Außerdem solle das Gesetz für die gesamte Lieferkette gelten – und eine zivilrechtliche Haftung ermöglichen. Das bedeutet: Betroffene von Menschenrechtsverletzungen durch Unternehmen könnten somit Schadensersatz einfordern. Ein solches EU-Lieferkettengesetz würde deutlich über das verwässerte deutsche Lieferkettengesetz hinausgehen.

Friedel Hütz-Adams von unserer Trägerorganisation Südwind e.V. hat das Statement mitkoordiniert und steht in engem Kontakt mit vielen der Unterzeichner*innen. Er erklärt: „Viele Unternehmen sind der Ansicht, dass menschenrechtliche Sorgfalt in den Lieferketten dazugehört. Daher befürworten sie auch eine zivilrechtliche Haftung: Sie benötigen ein Level Playing Field und das Wissen, dass auch ihre Wettbewerber handeln müssen.“

Im Kontrast dazu steht das Verhalten von großen deutschen Wirtschaftsverbänden wie dem Bundesverband der deutschen Industrie (BDI), der Mittelstands- und Wirtschaftsunion sowie dem Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA). Sie setzen weiterhin alles daran, ein wirksames EU-Lieferkettengesetz zu verhindern und betreiben dazu massive Lobbyarbeit. Das belegen neue Recherchen von unseren Mitgliedern Misereor und Global Policy Forum.

Die Bundesregierung hat sich in ihrem Koalitionsvertrag zu einem „wirksamen“ EU-Lieferkettengesetz bekannt. Was das bedeutet, erläutert Ceren Yildiz von unserer Bündnisorganisation BUND: „Für uns ist klar: ‚Wirksam‘ ist eine solche Regelung nur, wenn sie Unternehmen für Verfehlungen haftbar macht – und endlich unterbindet, dass Konzerne die Klimakrise und das Artensterben befeuern“

Die EU-Kommission hat derweil angekündigt, am 23. Februar ihren Entwurf für ein EU-Lieferkettengesetz zu veröffentlichen. Immerhin: Im Sitzungsplan ist der Tagesordnungspunkt bereits zu finden. Und der Zusatz „to be confirmed“ ist seit einigen Tagen verschwunden.

Foto: Textilfabrik in Bangladesch, Copyright: Marcel Crozet / ILO

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