Wo ist der Klima-Kanzler? Wie Deutschland den Klimaschutz im EU-Lieferkettengesetz bremst
Die Verhandlungen über das EU-Lieferkettengesetz gehen in die entscheidende Phase. Auf dem Verhandlungsplan steht unter anderem die Frage: Welche Klima-Pflichten sollen Unternehmen zukünftig haben? Die deutsche Bundesregierung versucht, Unternehmen aus der Verantwortung zu entlassen – anstatt sich für mehr Klimaschutz stark zu machen.
1. Dezember 2023 – Die entscheidenden Trilog-Verhandlungen stehen unmittelbar bevor: Die drei Gesetzgebungsorgane der EU, der Rat, das Parlament und die Kommission, verhandeln über den finalen Text des EU-Lieferkettengesetzes. Das Ziel: Ein besserer Schutz von Klima und Menschenrechten entlang der Lieferketten europäischer Unternehmen. Eine Frage, über die sie gerade besonders heftig streiten: Sollten Unternehmen in Zukunft dafür sorgen müssen, dass ihre Geschäftspraktiken im Einklang mit dem 1,5-Grad-Klimaziel stehen? Reicht es aus, wenn Sie dazu Ankündigungen und Versprechungen machen – oder sollte die Einhaltung auch kontrolliert werden?
Die deutsche Bundesregierung findet: Klimaversprechen ja, Kontrollen nein. Eine Pflicht, die Klimaziele auch umzusetzen, würde laut Bundesregierung dazu führen, dass sich Unternehmen gar nicht erst ambitionierte Ziele setzen. Selbst den Vorschlag der EU-Kommission, dann wenigstens die Vergütung von Unternehmensvorständen an die Klimapläne der Unternehmen zu knüpfen, lehnt die deutsche Bundesregierung ab. Geht es nach dem selbsternannten „Kanzler für Klimaschutz“ Olaf Scholz und seinem Klimaschutz-Minister Robert Habeck, soll es also keinerlei Umsetzungsanreize für Unternehmen geben. Das EU-Lieferkettengesetz droht damit, in diesem Bereich wirkungslos zu werden.
Jetzt mitmachen und E-Mail schreiben
Im Koalitionsvertrag klang das alles noch ganz anders: Darin hat die Bundesregierung versprochen, sich in Europa für ein wirksames EU-Lieferkettengesetz stark zu machen. Es ist Zeit, dass wir sie an dieses Versprechen erinnern. Schreibe jetzt an Bundeskanzler Olaf Scholz und zeige ihm, was du von ihm erwartest: Einsatz für ein starkes EU-Lieferkettengesetz, inklusive eindeutiger Klimapflichten für Unternehmen!
Warum sind Klimapflichten für Unternehmen so wichtig?
Mehr als 70 Prozent aller Treibhausgasemissionen seit 1988 wurden von nur 100 Unternehmen verursacht. Ein Grund dafür: Jahrzehntelange defizitäre Klimagesetzgebung. Und auch im Jahr 2023 scheint sich die fossile Expansion für viele Unternehmen noch zu lohnen. Aktuelle Recherchen zeigen: Europäische Unternehmen sind an mindestens einem Viertel der klimaschädlichsten Geschäfte der Welt (sogenannten „carbon bombs“) beteiligt. Nach wie vor haben zu wenige Unternehmen glaubhafte Klimastrategien – und selbst wenn, steht die Frage nach einer angemessenen Umsetzung auf einem ganz anderen Blatt.
Dabei sind sich Klimawissenschaftler*innen einig: Bis 2030 müssen wir die globalen Treibhausgasemissionen um die Hälfte reduzieren, um das 1,5-Gradziel des Übereinkommens von Paris zu erreichen.
Jetzt zählt es: Unternehmen zum Klimaschutz verpflichten!
In Anbetracht der Klimakrise darf die EU die Gelegenheit nicht versäumen, Unternehmen jetzt endlich Klimapflichten aufzuerlegen. Deshalb muss das EU-Lieferkettengesetz:
- eine klare klimabezogene Sorgfaltspflicht für Unternehmen enthalten;
- alle erfassten Unternehmen dazu verpflichten, qualifizierte Klimaschutzpläne für ein Geschäftsmodell aufzustellen, das im Einklang mit dem 1,5-Gradziel steht – und diese Pläne dann auch umzusetzen;
- die Aufsichtsbehörden der EU-Mitgliedsländer dazu auffordern, die Klimaschutzpläne der Unternehmen und ihre Umsetzung zu überprüfen;
- das Pariser Klimaschutzabkommen als wichtiges Klimaschutzinstrument enthalten.
EU-Parlament fordert stärkere Klimapflichten
Die EU-Kommission, der Rat und das Europäischem Parlament haben unterschiedliche Vorstellungen davon, wie die Klimapflichten von Unternehmen aussehen sollen. Einzig und allein der Vorschlag des Europäischen Parlaments wird dabei der Dringlichkeit der Klimakrise und der Verantwortung von Unternehmen gerecht:
Das Parlament will, dass Unternehmen verbindliche Pflichten auferlegt bekommen, um ihre Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Zusätzlich sollen sie einen Plan aufstellen, wie sich ihr Geschäftsmodell in Einklang mit dem 1,5°-Ziel bringen lässt. Das heißt grundsätzlich auch, dass sie dafür sorgen müssen, die Emissionen in ihren Lieferketten zu reduzieren. “Wo angemessen“ sollen sie sich dabei absolute Reduktionsziele setzen, anstatt Emissionen anderswo zu kompensieren. Auch dieser Vorschlag enthält somit Einschränkungen und Vorbehalte – und ist aus klimapolitischer Sicht somit nicht ideal.
Rat und Kommission für schwachen Klimaschutz
Die vom Rat vorgeschlagene Variante wäre hingegen völlig wirkungslos: Hiernach sollen Unternehmen lediglich einen Klimaplan aufstellen. Zur Umsetzung dieses Plans wären sie ausdrücklich nicht verpflichtet. In eine ähnliche Kerbe schlägt auch der Entwurf der EU-Kommission. Dieser sieht ebenfalls keine Umsetzungspflicht und erst recht keine klimabezogene Sorgfaltspflicht vor. Im Gegensatz zum Rat will die Kommission aber immerhin die Vergütung der Unternehmensführung daran knüpfen, ob das Unternehmen den eigenen Klimaplan umgesetzt hat oder nicht.
Der Klimaminister muss diese Chance ergreifen
Das EU-Lieferkettengesetz kann zu einem Meilenstein für den europäischen Klimaschutz werden. Doch das funktioniert nur, wenn es Unternehmen tatsächlich dazu verpflichtet, Maßnahmen zum Klimaschutz zu ergreifen. Die EU muss diese Chance jetzt nutzen! Dazu muss die Bunderegierung endlich ihre Schonhaltung gegenüber der Industrie aufgeben. Sende dazu jetzt eine Mail an Bundeskanzler Olaf Scholz! Denn Klimaschutzpläne von Unternehmen, die niemand umsetzen muss, wären nichts weiter als eine Einladung zum Greenwashing.