Showdown in Brüssel: EU-Rat ringt um Lieferkettengesetz
In Brüssel geht es gerade hoch her: Die tschechische EU-Ratspräsidentschaft möchte am 01.12. einen Beschluss zum EU-Lieferkettengesetz fällen! Doch wie wird die Position des Rats aussehen? Darum ringen die Mitgliedsstaaten derzeit heftig. Eine unrühmliche Rolle dabei spielt auch Deutschland.
24. November 2022 – Der Weg zu einem EU-Lieferkettengesetz ist lang und steinig. Schließlich müssen sich gleich drei Institutionen auf das Gesetz einigen: Zum einen die EU-Kommission, die bereits Ende Februar einen Gesetzentwurf vorgelegt hat. Zum anderen das Europaparlament, mit dessen Position im kommenden Frühjahr zu rechnen ist. Und zum dritten der Rat, sprich: Die nationalen Regierungen der Mitgliedstaaten. Und genau hier kommt es nun zum Showdown: Schon in der kommenden Woche will der zuständige Rat für Wettbewerbsfähigkeit seine Position zum EU-Lieferkettengesetz beschließen.
Klar: Ein solcher Ratsbeschluss ist noch kein EU-Lieferkettengesetz – schließlich folgt noch der Trilog, also die Abstimmungen zwischen Rat, Kommission und Parlament. Klar ist damit aber auch: Ein schwacher Ratsbeschluss würde die Chancen auf ein starkes und wirksames EU-Lieferkettengesetz massiv senken. Zuletzt ist das Vorhaben von spanischer, portugiesischer, französischer und italienischer Seite stark unter Druck geraten. Doch auch Deutschland spielt allem Anschein nach bislang eine unrühmliche Rolle.
In ihrem Koalitionsvertrag haben sich SPD, Grüne und FDP noch zu einem „wirksamen EU-Lieferkettengesetz“ bekannt. Die Realität auf EU-Ebene sieht ganz anders aus: Dort hat die Bundesregierung offenbar „erfolgreich“ dafür gesorgt, dass Waffenexporte und Finanzinvestitionen von dem Gesetz ausgenommen werden. Und auch gegen Sanktionen für Unternehmen, die ihre eigenen Klimapläne nicht umsetzen, hat sie sich ausgesprochen. Beides würde ein EU-Lieferkettengesetz erheblich schwächen.
Doch damit nicht genug: Geht es nach Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP), soll auch die Haftungsregelung weiter durchlöchert werden – mit einer Art Freifahrtschein für Unternehmen, die bestimmte Zertifizierungen verwenden oder sich an Branchenstandards beteiligen. Dabei ist ein EU-Lieferkettengesetz nur dann wirksam, wenn es Betroffenen von Menschenrechtsverletzungen durch Unternehmen auch wirklich eine Chance auf Schadensersatz bietet, sprich: Wenn sie vor Zivilgerichten in EU-Mitgliedstaaten erfolgreich Schadensersatz einklagen können. Ein Gesetz voller Schlupflöcher, Ausnahmen und Freifahrtscheinen für Unternehmen hilft den Betroffenen nicht weiter.
Gemeinsam mit unseren 130 Mitgliedsorganisationen appellieren wir daher an die zuständigen Minister Robert Habeck, Marco Buschmann und Hubertus Heil: Halten Sie Ihr Versprechen aus dem Koalitionsvertrag und setzen Sie sich in Europa für ein wirksames EU-Lieferkettengesetz ein! Auch Bundeskanzler Olaf Scholz steht in der Verantwortung – bis zum 30.11. könnt ihr hier noch unsere Petition unterzeichnen.