Der Koalitionsvertrag von Union und SPD zum Lieferkettengesetz: viel Interpretationsspielraum

Der Koalitionsvertrag von Union und SPD ist raus – und besorgt und verwirrt gleichermaßen. Zwar steht im Kapitel „Bürokratierückbau“: „Darüber hinaus schaffen wir das nationale Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) ab.“ Aber schon im nächsten Satz heißt es, dass dieses durch ein „Gesetz über die internationale Unternehmensverantwortung“ ersetzt werde, also ein Gesetz, welches die EU-Lieferkettenrichtlinie CSDDD umsetzt. Also genau das, was sowieso passiert wäre. Bis dahin bleibt das LkSG in Kraft – soll aber abgeschwächt werden. Dennoch, die Aussage der Abschaffung ist in der Welt, sorgt für starke Verunsicherung und sendet ein verheerendes Signal.

Die tatsächlich von der künftigen Bundesregierung geplante Abschwächung umfasst die Aussetzung von Berichtspflichten und Sanktionen – außer bei „massiven Menschenrechtsverletzungen“. Beides sind fatale Aussichten: Ohne Sanktionen würde das wichtigste Durchsetzungsinstrument fehlen, um Unternehmen dazu zu bewegen, gegen mögliche Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörungen auch wirklich vorzugehen. Unklar bleibt, wie die Aussetzung von Sanktionen rechtlich umgesetzt werden soll. Die Berichtspflichten nach dem LkSG abzuschaffen und durch die Berichtspflichten im Rahmen der EU-Nachhaltigkeitsberichterstattung zu ersetzen war zwar ohnehin geplant. Bis diese in Kraft treten, fehlt es allerdings weiterhin an Transparenz über die von Unternehmen getroffenen Sorgfaltsmaßnahmen.

Auch zur CSDDD ist der Koalitionsvertrag lückenhaft. Hierzu signalisieren die Parteien Zustimmung zum Omnibus und betonen das Ziel einer „bürokratiearmen Lösung“, insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen. Eine genaue Positionierung, etwa zum Schutzniveau der CSDDD, fehlt. Andererseits lässt der Vertrag der Bundesregierung aber so zumindest den Spielraum, sich hier etwa für den Erhalt der zivilrechtlichen Haftung einzusetzen.

Unser Fazit: Der Koalitionsvertrag ist besorgniserregend, lässt aber sehr viel Interpretationsspielraum. Entscheidend wird es nun sein, dass sich die künftige Bundesregierung auf EU-Ebene für den Erhalt des Schutzniveaus der CSDDD und die zivilrechtliche Haftung einsetzt. Der Koalitionsvertrag bietet dafür durchaus eine Grundlage, denn die geforderte Vereinfachung der EU-Regeln und praxisnahe Unterstützung für KMU lassen sich auch ohne den Rückbau der Regelungen zum Schutz von Menschenrechten, Umwelt und Klima erreichen.

Newsletter abonnieren