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Neue Studie zur Wirkung des Lieferkettengesetzes: Erfolge und Reformbedarf
Die Ankündigung von Bundeskanzler Friedrich Merz, das Lieferkettengesetz aufheben und die europäische Lieferkettenrichtlinie abschaffen zu wollen, ist aus Sicht von ECCHR, Brot für die Welt und Misereor vollkommen verfehlt. Eine heute gemeinsam veröffentlichte Studie zeigt: Das deutsche Lieferkettengesetz wirkt, wenn auch nicht stark genug. Betroffene nutzen das Gesetz, um Menschenrechtsverstöße anzuzeigen und Unternehmen zum Handeln zu bewegen – ein erster Erfolg. Die Herausgeber fordern eine konsequentere Durchsetzung der geltenden Sorgfaltspflichten und gesetzliche Nachbesserungen im Rahmen einer schnellen und ambitionierten Umsetzung der beschlossenen EU-Lieferkettenrichtlinie über unternehmerischen Sorgfaltspflichten (CSDDD).
Die Studie, herausgegeben vom ECCHR, Brot für die Welt und Misereor, analysiert 18 konkrete Beschwerden gegen deutsche und in Deutschland tätige Unternehmen. Ihr Fazit: Das Lieferkettengesetz eröffnet neue Rechtswege. Erste Unternehmen konnten an den Verhandlungstisch bewegt werden und Verbesserungen erzielt werden. So berichten Arbeiter*innen von Bananenplantagen aus Ecuador von Lohnerhöhungen und mehr Schutz vor dem Einsatz giftiger Pestizide nach einer Beschwerde gegen den deutschen Lebensmittelkonzern Rewe. Insgesamt aber bleiben die Veränderungen zu zaghaft.
„Das Lieferkettengesetz zeigt Wirkung – aber nur, wenn es auch konsequent durchgesetzt wird“, sagt Annabell Brüggemann, Autorin der Studie und Senior Legal Advisor beim ECCHR. „Dazu müssen die Perspektiven der betroffenen Menschen ins Zentrum rücken. Wer Missstände aufdeckt, darf nicht ignoriert werden – sondern muss gehört, geschützt und ernst genommen werden“, so Brüggemann. Die Studie empfiehlt zusätzlich konkrete Verbesserungen bei unternehmensinternen Beschwerdemechanismen sowie mehr Transparenz, Kontrolle und eine konsequentere Sanktionierung von Verstößen durch die zuständige Behörde BAFA.
Statt Abschaffung konsequente Durchsetzung geltender Pflichten
Die im Koalitionsvertrag angekündigten Gesetzesänderungen weisen hingegen in die falsche Richtung: „Besonders problematisch ist, dass künftig nur noch „massive Menschenrechtsverletzungen“ sanktioniert werden sollen. Zum Nachteil von Betroffenen würden dadurch Menschenrechtsverletzungen in tolerierbare und sanktionierbare unterteilt und rechtliche Grauzonen geschaffen,“ kommentiert Maren Leifker von Brot für die Welt.
Mit Blick auf die jüngsten Äußerungen von Bundeskanzler Friedrich Merz betont Armin Paasch von Misereor: „Die im Sommer 2024 in Kraft getretene EU-Richtlinie darf keinesfalls weiter verwässert oder gar abgeschafft werden. Ohne stärkere Beteiligungsrechte und zivilrechtliche Haftungsregel bliebe Betroffenen der Zugang zu Recht verwehrt. Ohne Umsetzungspflicht würden Klimapläne zum Papiertiger. Das EU-Recht wie auch das Völkerrecht verbieten zudem Rückschritte beim Schutz der Menschenrechte, wie sie im Koalitionsvertrag angekündigt werden.“
Die gesamte Studie finden Sie auf den Seiten des ECCHR.