Der Krieg und die Rohstoffe: Warum wir jetzt erst recht ein EU-Lieferkettengesetz brauchen

Während die Bundesregierung infolge des Ölembargos der EU nach alternativen Quellen für Steinkohle, metallische Rohstoffe und Erdöl aus Russland suchen, geraten zunehmend Regionen wie Kolumbien oder Indonesien in den Fokus. Doch unser aktuelles Briefing zeigt: Dort trägt die Rohstoffindustrie zu massiven Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörungen bei. Deshalb ist es so wichtig, endlich EU-weit verbindliche Regeln zum Schutz von Menschenrechten und Umwelt in Lieferketten zu schaffen!

22. Juni 2022 – Die indigenen Wayuú nennen sie ein „Monster“: Die Steinkohlemine „El Cerrejón“ in Kolumbien.  Sie ist eine der größten der Steinkohleminen der Welt – und sie gräbt den umliegenden indigenen Gemeinden buchstäblich das Wasser ab. Nicht nur das: Auch Zwangsumsiedlungen sind keine Seltenheit. Wer sich gegen die Mine engagiert, lebt gefährlich: In der Vergangenheit kam es zu Mordanschlägen gegen Aktivist*innen.

Zuletzt spielte Kolumbien als Steinkohlelieferant für Deutschland fast keine Rolle mehr. Doch mit dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine hat sich alles geändert: Die EU hat ein Embargo auf Steinkohle aus Russland verhängt. Dadurch gerät Steinkohle aus Kolumbien plötzlich wieder in den Fokus der EU – obwohl der Rohstoffabbau dort sowohl Menschen als auch Umwelt massiv gefährdet.

In unserem aktuellen Briefing „Der Ukrainekrieg und die Rohstoffe: Warum wir jetzt erst recht ein wirksames EU-Lieferkettengesetz brauchen“ zeigen wir: Das Problem betrifft nicht nur die Steinkohle, sondern auch Erdöl und metallische Rohstoffe. Der Ukrainekrieg führt zu einem wahren „Run“ auf Rohstoffe aus anderen Regionen – mit massiven Risiken für Umwelt und Menschenrechte vor Ort.

Für Steinkohle rücken neben Kolumbien derzeit auch die Vereinigten Arabischen Emirate, Nigeria und Kasachstan in den Fokus – Länder, die berüchtigt sind für ihre Menschenrechtsverletzungen. Um Nickelimporte zu ersetzen, suchen Unternehmen Ersatz aus Indonesien und den Philippinen. In beiden Ländern sind Umweltzerstörung und Menschenrechtsverletzungen beim Abbau von Nickel weithin bekannt. Der französische Konzern TotalEnergies plant zudem Erdölbohrungen und Pipelines in ökologisch hochsensiblen Regionen in Uganda und Tansania – mit erheblichen negativen Folgen für Umwelt und Menschen vor Ort, von denen viele noch auf Entschädigung für enteignete Grundstücke warten.

In unserem Briefing machen wir deutlich: Es ist richtig, die Importe von Rohstoffen aus Russland zu stoppen, um den russischen Angriffskrieg nicht mitzufinanzieren. Doch dürfen betroffene Gruppen wie Indigene in Kolumbien nicht zu den Leidtragenden der Sanktionen gegen Putin werden. Wir müssen verhindern, dass der Importstopp von Rohstoffen aus Russland auf Kosten von Menschen und Umwelt in anderen Abbaugebieten geschieht. Deswegen ist es gerade so wichtig, ein wirksames EU-Lieferkettengesetz voranzutreiben.

Denn bislang sind deutsche und europäische Unternehmen nicht dazu verpflichtet, in ihren Lieferketten auf die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards zu achten: Das deutsche Lieferkettensorgfaltpflichtengesetz tritt erst 2023 in Kraft, das EU-Parlament und der Rat der EU befinden sich noch in Abstimmung über eine europaweite Regelung. Eine wichtige Rolle hierbei wird die Bundesregierung spielen – deswegen fordern wir mit unserer Petition an Bundeskanzler Olaf Scholz: Setzen Sie sich in der EU für ein wirksames Lieferkettengesetz ein, so wie es im Koalitionsvertrag versprochen wurde!

Foto: El Cerrejon, coalmine in La Guajira, Colombia, foto by Lee Bosher

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